Tabakkontrolle stärken: Stellungnahme zur Evaluierung des EU- Rechtsrahmens für die Eindämmung des Tabakgebrauchs

16.05.2023  Pro Rauchfrei begrüßt, dass die EU-Kommission im Rahmen von Europas Plan gegen den Krebs (EBCP) den europäischen Rechtsrahmen für die Eindämmung des Tabakgebrauchs überarbeiten möchte. Wir unterstützen das Ziel eines rauchfreien Europas, in dem bis zum Jahr 2040 nur noch 5 % der Bevölkerung rauchen.

Dafür sollten die Regelungen des europäischen Rechts den Mitgliedstaaten einen verbindlichen und wesentlich ambitionierteren Rahmen für eine bessere Tabakkontrolle setzen als bisher. Andernfalls wird es in Mitgliedstaaten wie Deutschland, in denen die Tabaklobby weiterhin erheblichen Einfluss hat, kaum zu den notwendigen Veränderungen kommen.

Zusätzlich zur Beantwortung des sehr ausführlichen Fragebogens für Interessenträger im Rahmen der EU-Konsultation legt unser Verband eine frei formulierte Stellungnahme gegenüber der EU-Kommission vor. Sie enthält folgende Forderungen in verkürzter Form; für den gesamten Text bitte den Link aufrufen.

1. Verbindlicher umfassender Nichtraucherschutz

Ein umfassender Nichtraucherschutz ohne Ausnahmen muss im Hinblick auf sämtliche Tabakerzeugnisse und neuartigen Produkte, wie Tabakerhitzer und E-Zigaretten, mindestens in folgenden Bereichen gewährleistet werden:

  • Arbeitsstätten,
  • Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen,
  • Behörden,
  • Gesundheitseinrichtungen,
  • Gastronomie, ohne Ausnahmen für Rauchergaststätten und Raucherräume und einschließlich der Außengastronomie,
  • Kultur- und Freizeiteinrichtungen,
  • Sporteinrichtungen,
  • öffentliche Verkehrsmittel und Haltestellen,
  • sonstige öffentliche zugängliche Räume,
  • Mehrparteienhäuser einschließlich der Balkone,
  • Eingangsbereiche geschützter Einrichtungen,
  • Haushalte mit minderjährigen Kindern,
  • Fahrzeuge, wenn Kinder oder Schwangere mitfahren,
  • öffentliche Open-Air-Veranstaltungen.

2. Höhere Tabaksteuern und Besteuerung neuartiger Produkte

Die Vorgaben für die Mindestbesteuerung sollten deutlich angehoben und so das Preisniveau in den Mitgliedsstaaten harmonisiert werden. Zudem ist auch für neuartige Produkte eine angemessene Mindestbesteuerung vorzusehen.

3. Umfassendes Verbot von Werbung und Sponsoring für Tabakerzeugnisse und neuartige Produkte

 Das Verbot sollte lückenlos sein und auch alle neuartigen Produkte umfassen. Insbesondere folgende Bereiche sollten abgedeckt werden:

  • Sponsoring und Parteispenden,
  • Internet und Social Media,
  • Werbung in und an Verkaufsstellen,
  • Corporate Social Responsibility Aktivitäten („Greenwashing“),
  • Corporate Promotion und Public Relations Aktivitäten,
  • kostenlose Abgabe und Ausspielung,
  • Kinowerbung,
  • Werbung für sonstige Produkte unter Verwendung von Marken der Tabakindustrie und für Produkte, die Tabakerzeugnisse und neuartige Produkte nachahmen.

Entsprechend sollte der Begriff der „Werbung“ erweitert werden und jegliche Darstellung des Rauchens und der Verwendung neuartiger Produkte umfassen, die den Konsum fördert.

4. Neutrale Einheitsverpackung („plain packaging“)

5. Beschränkung des Verkaufs auf lizenzierte Fachgeschäfte mit Zutritt nur für Erwachsene

6. Komplettverbot von Aromen

für sämtliche Tabakerzeugnisse und neuartige Produkte, insbesondere auch in E-Zigaretten.

7. Verbot von Einweg-E-Zigaretten

8. Verringerung der Emissionshöchstwerte und realistische Messverfahren

9. Erhöhung der Mittel für Aufklärungskampagnen, Therapieangebote, Gesundheits- und Verbraucherschutz

Die Mitgliedstaaten sollten verpflichtet werden, hierfür finanzielle Mittel bereitzustellen, die sich nach einem hohen Prozentsatz ihrer Einnahmen aus der Tabaksteuer und der Besteuerung neuartiger Produkte bemessen.

10. Rückverfolgbarkeit für alle Tabakerzeugnisse und neuartigen Produkte

11. Verbot des grenzüberschreitenden Fernabsatzes von Tabakerzeugnissen und neuartigen Produkten

12. Verpflichtung zu nationalen Tabakkontrollstrategien

Mehr dazu: Pro Rauchfrei Stellungnahme zur Evaluierung des europäischen Rechtsrahmen für die Eindämmung des Tabakgebrauchs

Gut, aber unzureichend: Stellungnahme zu geplanter Regulierung für erhitzte Tabakprodukte

13.01.2023 Im Rahmen einer Verbändebeteiligung zum Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes hinsichtlich der Rücknahme bestimmter Ausnahmen in Bezug auf erhitzte Tabakerzeugnisse und zum Entwurf einer Vierten Verordnung zur Änderung der Tabakerzeugnisverordnung gibt Pro Rauchfrei seine ans Bundeslandwirtschaftsministerium eingereichte Stellungnahme bekannt.

Im Wesentlichen begrüßt Pro Rauchfrei, dass

  • das bisher bestehende Verbot des Inverkehrbringens von Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen mit charakteristischem Aroma sowie das Verbot von Filtern, Papier und Kapseln, die Tabak oder Nikotin enthalten, auf erhitzte Tabakerzeugnisse ausgeweitet wird, und
  • erhitzte Tabakerzeugnisse, welche als Rauchtabakerzeugnisse eingestuft werden, kombinierte Text-Bild-Warnhinweise und eine Informationsbotschaft tragen müssen.

Der Entwurf greift jedoch zu kurz. Deutschland hat erheblichen Verbesserungsbedarf bei Tabakkontrolle und Nichtraucherschutz. Auf der internationalen Tobacco Control Scale belegt Deutschland Platz 34 von 37 europäischen Ländern (https://www.tobaccocontrolscale.org/). Nach den Berichten der Drogenbeauftragten der Bundesregierung sterben jährlich mehr als 120.000 Menschen in Deutschland durch Tabakrauch, ungefähr alle vier Minuten ein Mensch. Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) geht davon aus, dass jährlich 3.300 Nichtraucher durch Passivrauchen sterben. Rauchen und Passivrauchen verursachen zudem bei zahlreichen weiteren Menschen schwere Gesundheitsschäden. Es ist daher nicht verständlich, weshalb sich der Gesetzentwurf auf eine Umsetzung der Delegierten Richtlinie (EU) 2022/2100 beschränkt und nicht einmal die wenigen Verbesserungen bei der Tabakprävention vorsieht, die im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbart wurden.

Wir fordern in Bezug auf nikotinhaltige Konsumprodukte 

  • ein umfassendes Werbe- und Sponsoringverbot
  • ein Verbot der kostenlosen Abgabe und Ausspielung 
  • Plain Packaging
  • Sichtbarkeitspflicht der Warnbilder und -hinweise bei der Bereitstellung zum Verkauf
  • einen umfassenden und bundesweiten Nichtraucherschutz inklusive Kennzeichnungspflicht für
  • Arbeitsstätten,
  • Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen sowie Spielplätze,
  • Behörden,
  • Gesundheitseinrichtungen,
  • Gastronomie, ohne Ausnahmen für Rauchergaststätten und Raucherräumeund einschließlich der Außengastronomie,
  • Kultur- und Freizeiteinrichtungen,
  • Sporteinrichtungen,
  • öffentliche Verkehrsmittel und Haltestellen,
  • sonstige öffentliche zugängliche Räume,
  • Mehrparteienhäuser einschließlich der Balkone,
  • Eingangsbereiche geschützter Einrichtungen,
  • Haushalte mit minderjährigen Kindern inklusive Fahrzeuge, wenn Minderjährige und Schwangere an Bord sind,
  • öffentliche Open-Air-Veranstaltungen.

Mehr Iinformationen: Stellungnahme von Pro Rauchfrei zu den Änderungsentwürfen von TabakerzG und TabakerzV

Wellenbrecher für den Nichtraucherschutz werden: Jahreshauptversammlung 2022 von Pro Rauchfrei

17.10.2022  Informieren, beraten, Verbandsklagerecht, Lobbyismus: In seiner Jahreshauptversammlung am 8. Oktober legte Pro Rauchfrei seine Aktivitäten für den Nichtraucherschutz dar.

Die Lage: Werbung für Tabak- und Nikotinprodukte überschwemmt den Markt, die Raucherquote erreicht mit über 37 Prozent ein 30-Jahres-Hoch, der Tabakmüll ist nicht in den Griff zu bekommen. Schlechte Zeiten für Nichtraucher-, Jugend- und Umweltschutz. – Trotzdem sucht man Passivrauchschutz und Tabakprävention vergeblich auf der politischen Tagesordnung. Alle Ressourcen des Bundes sind mit der geplanten Legalisierung von Cannabis ausgelastet. Nicht einmal das vergleichsweise einfache Gesetz für ein Rauchverbot im Auto im Beisein von Minderjährigen und Schwangeren ist unter Dach und Fach. „Todsicher“ wird Deutschland auf seinem letzten Platz in der europäischen Tabakkontrollskala kleben bleiben.

Was hat Pro Rauchfrei unternommen, was kann der Verband noch unternehmen, waren die zentralen Fragen bei der Mitgliederversammlung.

Die Mittel der Wahl im vergangenen Vereinsjahr waren:

Grafik: Was tut Pro Rauchfrei für den Nichtraucherschutz?

  • Die Öffentlichkeit über neue Entwicklungen und Aktionen, unsere juristische Arbeit und das Schadpotenzial von Tabakkonsum informieren
  • Bei Beschwerden zu Rauchbelästigung in der Wohnung, am Arbeitsplatz und in der Freizeit beraten und helfen
  • Verstöße gegen den Nichtraucher- und Jugendschutz sowie gegen Werbeverbote abmahnen
  • Politischen Entscheidungsträgern Stellungnahmen, Vorschläge und Gesetzentwürfe unterbreiten

Der Information diente beispielweise eine eigene Zusammenstellung von Ländern mit Rauchverbot im Auto, wenn Minderjährige mitfahren, inklusive Link zu den Gesetzestexten: https://www.pro-rauchfrei.de/134-startseite/7736-in-welchen-europaeischen-laendern-gibt-es-rauchverbote-im-auto.

Seit Anfang des Jahres wandten sich unter anderem über 30 Ratsuchende zum Thema rauchfreies Wohnen an uns. Interessant für alle Vermieter dürfte die Auskunft sein, dass ein Rauchverbot in der Wohnung und auf dem Balkon zwar nicht im Formularmietvertrag, aber in einer individuellen Zusatzvereinbarung festgelegt werden darf.

Erfolgsbilanz bei Unterlassungsklagen: Von 19 Abmahnungen wurden 10 außergerichtlich beigelegt durch Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung, fünf mündeten in Gerichtsverfahren (bei Nichtreaktion oder Widerspruch), davon wurden alle fünf gerichtlich bestätigt, zwei davon auch noch in zweiter Instanz. Drei Verfahren werden noch geprüft, eins wurde von Pro Rauchfrei eingestellt.

Als im Lobbyregister eingetragener Verband wandte sich Pro Rauchfrei verschiedene Male an Minister, den Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Bundestags- und Landtagsabgeordnete: im Bundesland Berlin mit einem Neuentwurf für das Berliner Nichtraucherschutzgesetz, beim Bund mit Informationen zum Rauchverbot im Auto (inklusive einer Liste von gesetzlichen Grundlagen, die eine Kompetenz des Bundes begründen) und mit einem Positionspapier zu Cannabis.

Jetzt ist nicht die Zeit, die Hände in den Schoß zu legen. Was kann und sollte in Zukunft noch getan werden?

  • Die EU überarbeitet ihren Rechtsrahmen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs und die Empfehlungen für rauchfreie Orte: Wir wollen darauf hinwirken, dass möglichst viel davon in nationales Recht umgesetzt wird.
  • Einweg-E-Zigaretten sind ein riesiges und unnötiges Umweltübel und eine Gefahr für Jugendliche: Hier muss dringend gegengesteuert werden, z.B. mit einer spürbaren Verteuerung per Zwangspfand oder Steuererhöhung. Pro Rauchfrei wird sich dafür einsetzen.
  • Verbraucher sollen ermutigt werden, sich über Verstöße im Nichtraucherschutz zu beschweren: Die Einhaltung von Gesetzen kann nicht ständig und flächendeckend überwacht werden. Soziale Kontrolle funktioniert aber nur, wenn die Schädigung durch Passivrauchen oder die Umweltzerstörung mit Kippenmüll als Probleme bewusst werden
  • Rauchen sollte nicht möglichst bequem gemacht werden, etwa durch (oft unzulässige) Gastro-Zeltanbauten oder mit Heizpilzen vor Lokalen. Rauchen soll stattdessen entnormalisiert werden und nur dort stattfinden, wo niemand dadurch gestört oder geschädigt wird. Auch das wird Pro Rauchfrei weiterverfolgen.
  • Der Verband benötigt Unterstützung, insbesondere von Juristen. Auch eine Mitarbeit im Rahmen des Referendariats ist möglich. Projekte sind dabei die Erarbeitung von Vorschlägen zur Neufassung sämtlicher Nichtraucherschutzgesetze der Länder sowie zur Verbesserung der Tabak- und Nichtraucherschutzgesetze auf Bundesebene.  Auch die Aufarbeitung eingehender Beschwerden sollte auf breiterer Basis erfolgen.
  • Der beliebte Mailgenerator von Pro Rauchfrei ist in Kürze wieder einsatzbereit und somit der direkte Draht in Nichtraucherschutz-Anliegen zum Bundestag, Bundesrat und zu den Länderparlamenten.

Pläne und Ideen sind vorhanden, es braucht mehr Aktive, sie alle umzusetzen. Wir würden uns daher über Deine Unterstützung freuen!

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.